Wir wissen nicht, was durch den Krieg in Europa und durch die andauernde Pandemie noch alles auf uns wartet. Persönliche Nöte mögen noch erschwerend hinzukommen. Schauen wir auf Jesus. Auch er durchlebte schwere Zeiten. Sie führten ihn ins Gebet:
„Abba, mein Vater, alles ist dir möglich! Nimm diesen Kelch von mir! Doch nicht, was ich will geschehe, sondern was Du willst!
Markus 14,36
Der Hintergrund dieses Gebetes ist klar. Jesus Christus steht vor seiner Verhaftung durch die Römer. Unschuldig wird er am nächsten Tag am Kreuz sterben. Karfreitag steht vor der Tür. Ostern und die Auferstehung sind noch „weit“ weg. Zunächst gilt es, die Schuld der ganzen Welt hinauf auf´s Kreuz zu tragen. So ist es Gottes Wille und Plan! Kein leichter Gang! Ein schwieriger Weg! Mitten hinein in diese schwere Zeit betet Jesus dieses Gebet. Hier lernen wir Entscheidendes für unser Gebetsleben in schweren Zeiten:
1. Abba, lieber Vater…
Welch eine vertrauensvolle Anrede! Zur Zeit Jesu hat sich keiner getraut, Gott so persönlich anzurufen. Doch wer an Jesus glaubt, wird ein Kind Gottes. Er hat Gott nun zum Vater. So sagt Jesus zu seinen Jüngern: „Wenn ihr betet, betet so: Vater unser…“. Wir haben den lebendigen Gott des Himmels und der Erde zum Vater! Sind wir uns dessen noch bewusst? Ich darf mit Gott per Du sein! Mit Gott vertraulich reden, von dem Jesus sagt:
2 … alles ist dir möglich!
Schwere Zeiten verengen oft den Blick – auch in Bezug auf Gott! Nicht so bei Jesus. Er hält fest, was gilt: alles(!) ist Gott möglich. Nicht nur etwas, nicht nur manches, nicht nur weniges – nein, alles ist Gott, dem Vater, möglich. Rechnen wir noch mit den Möglichkeiten Gottes? Findet das noch Ausdruck in unseren Gebeten? Gerade in Zeiten, die den Blick und das Herz verengen wollen?
3. Nimm diesen Kelch von mir!
Erst jetzt kommt Jesus zu seinem Herzensanliegen. Welch eine Bitte? Eines ist klar: Sie entspricht nicht dem Willen Gottes! Der Leidenskelch, der zum grausamen Tod am Kreuz führt, muß ausgetrunken werden. Darüber hat sich Gott, der Vater, mit seinem Sohn verständigt. Es gilt uns schuldbeladene Menschen zu entschulden! Hätte Gott diese Bitte Jesu erfüllt, wären wir noch immer hoffnungslos verlorene Menschen. Aber Gott, der Vater hält dieses Gebet Jesu aus.
In schweren Zeiten darf ich auch beten, was nicht unbedingt im Willen Gottes ist. Gott sieht unser Herz an. Er dreht uns keinen Strick daraus. Das gibt auch uns Freiheit zum ehrlichen Beten. Mut zum ungeheuchelten Reden mit Gott. Und es nötigt uns, die Spannung zwischen unserem Herzenswunsch und dem Willen Gottes auszuhalten. Das ist nicht immer leicht.
4. Doch nicht, was ich will geschehe, sondern was Du willst.
Wir können sagen, Jesus bekommt noch rechtzeitig die Kurve. Er unterstellt sich mit seinem Anliegen dem Willen Gottes. Wissend, dieser ist letztlich gut, gerecht und vollkommen. Ein aufgewühltes Herz findet wieder Ruhe, Halt und Geborgenheit im Willen des Vaters. Das gibt Stärke für den schweren Gang ans Kreuz. Das gibt Kraft in schwerer Zeit. Das gibt Hoffnung über die Not hinaus. Welch ein göttliches Gebet in schwerer Zeit – auch für uns!
Übrigens: Manchmal ist es nicht mit einem Gebet getan. Jesus betet dieses Gebet insgesamt dreimal. Immer wieder mit Unterbrechungen. Doch dann entfaltet es seine von Gott geschenkte Wirkung. Das gilt auch für unsere Gebete – gerade in schweren Zeiten.
Gruß und Gottes Segen!
Euer Hans-Peter